"Pumpen wären billiger als die Schadensregulierung"

 

DARMSTADT. Um hohe Grundwasserstände wie derzeit im Hessischen Ried oder in Rheinhessen zu senken, halten Umweltexperten den Bau von Brunnen für sinnvoll. Für die Schadensregulierung in der Landwirtschaft und den Privathaushalten werde weit mehr Geld ausgegeben, als Pumpstationen kosten würden, sagte der Inhaber der BGS-Umweltplanung Darmstadt, Heiko Gerdes. Bislang fehle ein Konzept, wie mit den regelmäßig wiederkehrenden hohen Grundwasserständen umgegangen werden soll. Die Betroffenen seien weitgehend auf sich selbst gestellt. "Um den eigenen Keller trocken zu halten, pumpt jeder verbotenerweise das Wasser in die Kanalisation." In der Landwirtschaft hätten etliche Felder vor allem in den Rheinschleifen wegen Überflutung nicht bewirtschaftet werden können.

Eine sinnvolle Entwässerung sei nur auf Ortsebene möglich. Die Investitionen für eine Pumpanlage, die eine Siedlung mit etwa 50 Häusern trockenlegen könnte, schätzt Gerdes auf bis zu fünf Millionen Mark. Für die Umsetzung solcher Projekte müssten allerdings etliche finanzielle und juristische Probleme gelöst werden. "Die Hausbesitzer, die für 30 000 Mark eine Betonwanne um ihren Keller gebaut haben, weigern sich mit Recht, jetzt noch für eine Pumpstation für ihre sparsamen Nachbarn aufzukommen." Fraglich sei auch, wer die Entwässerungsanlagen betreiben soll, die in Trockenzeiten über mehrere Jahre stillstehen. lhe

 

Quelle ( 06.07.2001 Frankfurter Rundschau)

Arbeitskreis Trinkwasser formuliert Leitbilder

Während der Sitzung am Montagabend in der Rathausschänke Schlierbach klopfte Gremium weitere Vorgehensweise fest

4.Juli 2001

BRACHTTAL (je). „Die ehemalige natürliche Landschaft mit ihren Grundwasseraustritten, den Bachläufen und den dazugehörigen feuchtigkeitsliebenden Pflanzen- und Tiergemeinschaften um die Brunnengruppe Nord ist wieder hergestellt“, so formulierte Montagabend der Arbeitskreis Trinkwasser in der Brachttaler Gaststätte „Rathausschänke“ ihr Leitbild für die Zukunft.
Was jetzt schon lange nicht mehr vorhanden ist, soll wieder hergestellt werden, so der Wunsch des Gremiums. Unter der Leitung von Ferdinand Junius gingen die Mitglieder gut drei Stunden lang die einzelnen Punkte durch. Brachttals Umweltberaterin Heidrun Berressem hatte das Konzept für Leitbild, Leitziele und die nötigen Maßnahmen erarbeitet.
Eile sei geboten, erinnerte sie zu Beginn. Die Anhörung zur Wasserentnahme und zur Ausweisung des Wasserschutzgebietes solle „irgendwann nach den Sommerferien” stattfinden soll, wie ihr aus dem Regierungspräsidium in Darmstadt vage mitgeteilt worden sei. Zuvor sollen die Gemeindevertreter sich mit dem Papier beschäftigen und es so verabschieden. Dass dies geschieht, darüber herrscht in der Gruppe kein Zweifel, zumal zahlreiche heimische Kommunalpolitiker während der Sitzung anwesend waren und die Brachttaler gemeinsam am Wasserhahn für Frankfurt drehen wollen. „Es kann nicht sein, dass eine Region für die andere kaputt gemacht wird“, formulierte eines der Mitglieder.
Nächste Sitzung im August Schon in der nächsten Sitzung Anfang August sollen die Parlamentarier nach dem Willen des Arbeitskreises über Leitbild, -Ziele und Maßnahmen diskutieren. Zuvor will Junius noch das Gespräch mit den Ortslandwirten suchen und sie in die Diskussion einbeziehen.
Montagabend war keiner von ihnen anwesend. Die Landwirte bringen während der günstigen Witterung die Heuernte ein. Leitziele sind unter anderem: Die Mindestgrundwasserstände und –quellschüttungen erhalten, die Regeneration von Flächen um die Brunnengruppe nach dem oben genannten Leitbild, die Gemeindebrunnen dürften nicht Gefahr laufen, durch die Wasserentnahme des Wasserverbandes Kinzig zu versiegen, keine neuen Wiesendrainagen und keine Erneuerung der alten, Grabentaschen sollen sich bilden und Regenrückhaltemulden entstehen. Außerdem sollen die Wasserversorger im Rhein-Main-Ballungsraum ihre eigenen Ressourcen nutzen, mit modernen Technologien wieder in Stand setzen und somit die Wasserentnahme in Brachttal einschränken können.
Neben den regelmäßigen Dialogen soll es auch eine „Clearing-Stelle“ geben, in der strittige Punkte zwischen der Gemeinde und den Wasserversorgern gütlich geregelt werden. „Das Brachttaler Wasser wird nicht als Wirtschaftsgut gehandelt und es wird nicht außerhalb des Gebietes der Verbandsmitglieder verkauft“, heißt es weiter unter dem Stichwort Leitziele.
Als Maßnahmen schlägt der Arbeitskreis vor, noch vor der Anhörung eine intensive Diskussion mit dem Regierungspräsidium und dem Arbeitskreis zu führen. Zeitgleich soll die Öffentlichkeitsarbeit mit Plakaten und Unterschriftensammlung weiter gehen. Unterstützung erhofft sich der Arbeitskreis hierbei vom Gemeindevorstand.
Mindestfördermenge Und als wichtigste Forderung gilt: „Die Fördermenge des Wasserverbandes Kinzig wird auf eine Million Kubikmeter Wasser pro Jahr begrenzt“. Das lediglich mit einer jederzeit widerrufbaren Erlaubnis und mit zahlreichen Auflagen. Zwei davon sollen die oben erwähnten Renaturierungsmaßnahmen und die Einrichtung der Clearing-Stelle darstellen.

 

Quelle (GT)

Protestaktion beim Kirchentag

Brachttaler demonstrierten beim Eröffnungsfest in Frankfurt für den Erhalt der Schöpfung

14.Juni 2001

BRACHTTAL (an). Auf dem evangelischen Kirchentag in Frankfurt hatten die Brachttaler nicht nur ein zahlenmäßig starkes Publikum für ihren Protest, sondern auch ein verständnisvolles, geht es beim Thema „Wasserrraubbau“ doch auch darum, wie mit den anvertrauten Gaben der Schöpfung Gottes umgegangen wird. Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinden Schlierbach und Streitberg mitsamt der Pfarrer Christine Surkau und Volker Wendland, Aktivisten des Arbeitskreises Trinkwasser, der Agendagruppen und der Schutzgemeinschaft Vogelsberg hatten das Kirchentagsprojekt gemeinsam ausgearbeitet. Aus Plastikplanen, Holzpaletten, Steinen, Pflanzen modulierten sie einen kleinen Bachlauf, der munter sprudelte, bis eben die Pumpen zur Grundwasserförderung ansprangen und so den Quell zum Versiegen brachten. Dazu wurden Backhausbrot mit Kräuterquark und Schmalz von den Landfrauen aus Leisenwald und Streitberg sowie von der Alsfelder Brauerei gestiftetes „Vogelsberger“ Mineralwasser serviert.
Wo anders als in Frankfurt sollten sie noch auf die Zerstörung ihrer Natur durch den Wasserraubbau hinweisen, denn dorthin wird das Grundwasser, das bei ihnen gefördert wird, hin geliefert. Die Begehrlichkeit nach dem immer kostbaren Wasser scheint noch zu wachsen, liegt doch beim Regierungspräsidium in Darmstadt immer noch der Antrag der Wasserverbandes auf dem Tisch, der aus den Brunnen bei Neuenschmidten eine jährliche Förderung von 2,6 Millionen Kubikmetern für eine Dauer von 30 Jahren unwiderruflich bewilligt haben möchte.
Am Mittwoch Abend strömten rund 200000 Menschen beim Eröffnungsfest zwischen Bahnhof und Zeil durch die Straßen der Innenstadt. Auf dem Goetheplatz waren etliche Stände aus dem Main-Kinzig-Kreis zu finden, zum Beispiel die Stiftung Marienkirche und die Erlebnisführer aus Gelnhausen, die Waldenser aus Waldensberg, der CVJM Karate Dojo aus Aufenau, der Gospelchor „Singin’ Joy“ aus Birstein, die Salzsieder aus Bad Orb, die evangelischen Kirchengemeinden Linsengericht, Bieber und Wächtersbach. Die Brachttaler stachen mit ihrer Aktion hervor. Ihnen ging es um menschlich-politische Motive, aber auch um christliche, um die Sicherung der Lebensgrundlage, um Umweltschäden, Austrocknung des Bodens, Versteppung, Gebäudeschäden und die Gefährdung der eigenen Trinkwasserversorgung, nicht zuletzt um den Erhalt der Schöpfung Gottes.

Quelle (GT)

 

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